Schweiz
Gesellschaft & Politik

Initiative zur 13. AHV-Rente: Das musst du vor der Abstimmung wissen

Teilnehmer protestieren und fordern die dringende Einfuehrung einer 13. AHV-Rente, an ein Aktion von AVIVO, am Mittwoch, 14. Dezember 2022 auf dem Bundesplatz, in Bern. Heute der Nationalrat debattier ...
Bild einer Demo für die 13. AHV-Rente auf dem Bundesplatz in Bern am 14. Dezember 2022.Bild: keystone

13. AHV-Rente: Alles, was du vor der Abstimmung wissen musst

Am 3. März wird über die Initiative für eine 13. AHV-Rente abgestimmt. Hier erfährst du alles, was du dazu wissen willst.
11.01.2024, 19:4517.01.2024, 15:29
Folge mir
Mehr «Schweiz»

Das Abstimmungsjahr 2024 wird mit zwei Initiativen zum Thema Altersvorsorge losgetreten. Einerseits die von Rot-Grün und Gewerkschaften unterstützte Initiative für eine 13. AHV-Rente, auf der anderen Seite die Renteninitiative der Jungfreisinnigen.

Alles, was du zur Initiative für eine 13. AHV-Rente wissen musst, erfährst du hier:

Was fordert die Initiative für eine 13. AHV-Rente konkret?

Die Initiative «Für ein besseres Leben im Alter», wie sie offiziell heisst, fordert, dass spätestens ab 2026 zusätzlich zu den bis jetzt üblichen zwölf AHV-Monatsrenten eine 13. Monatsrente ausbezahlt werden soll.

Das Initiativkomitee sieht zudem vor, dass Ergänzungsleistungen weiter wie bisher ausbezahlt und nicht gekürzt werden dürfen. Effektiv würde der «Dreizehnte» somit einer AHV-Rentenerhöhung um 8,3 Prozent gleichkommen.

Der AHV-Jahresbetrag für Einzelpersonen würde bei Annahme der Vorlage neu zwischen 15'925 und 31'850 Franken statt wie bisher zwischen 14'700 und 29'400 Franken liegen. Für Ehepaare würde die maximale gemeinsame AHV-Rente von 44'100 auf 47'775 Franken erhöht werden.

Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) rechnet im ersten Jahr mit Mehrausgaben von 4,1 Milliarden Franken. Davon müsste der Bund rund 800 Millionen bezahlen. Fünf Jahre nach Einführung prognostiziert das BSV Mehrausgaben von fünf Milliarden Franken.

Wer sind die Befürworter der Initiative?

Die Initiative wurde am 28. Mai 2021 vom Gewerkschaftsbund eingereicht. Im Initiativkomitee sitzen Präsidenten und Mitglieder verschiedener Gewerkschaften sowie Politiker der SP und der Grünen.

Prominente Mitglieder des Initiativkomitees inkludieren Pierre-Yves Maillard, Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (SGB) und Waadtländer Ständerat der SP, SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer, die Tessiner Staatsrätin und ehemalige SP-Ständerätin Marina Carobbio sowie die Präsidentin des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz, Dagmar Rösler.

Von den grossen Schweizer Parteien haben nur die SP und die Grünen die Ja-Parole ausgerufen. Dazu wird die Initiative vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund und dem Dachverband für Arbeitnehmende, TravailSuisse, unterstützt.

Wie lauten die Argumente der Befürworter?

Die Verfassung der Schweiz schreibt vor, dass die Rente «die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung» ermöglichen muss. Die Befürworter argumentieren, dass dies zurzeit nicht der Fall sei. Wie der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) vorrechnet, sind die jährlichen Durchschnittskosten für eine alleinstehende Person in der Schweiz im Vergleich zu 2020 um 3500 Franken gestiegen. Somit beträgt die Teuerung laut SGB fast eine komplette Durchschnittsrente. Zurzeit beläuft sich diese ohne Beiträge der 3. Säule auf 4100 Franken. Davon stammen im Schnitt 1800 Franken aus der AHV und 2300 Franken aus der Pensionskasse.

Ein weiteres Argument ist der fehlende Teuerungsausgleich der Pensionskasse. Das hat laut SGB ebenfalls dazu beigetragen, dass die durchschnittlich aus der PK bezogene Rente seit 2007 von damals 2600 Franken im Monat auf heute nur noch 2300 Franken zurückgegangen sei.

Die Initianten argumentieren zudem, dass genug finanzielle Mittel vorhanden seien, um eine Erhöhung der AHV ohne Probleme zu finanzieren. So wird für das Jahr 2026 ein AHV-Überschuss von 3,5 Milliarden Franken prognostiziert. Dieser würde die Mehrkosten von 4,1 Milliarden beinahe ausgleichen, so die Befürworter. Wie der SGB weiter vorrechnet, könnte die 13. AHV-Rente überdies mit einer Erhöhung der AHV-Abzüge um 0,4 Prozent für Arbeitnehmende sowie -gebende finanziert werden.

Ein weiterer Vorteil der 13. AHV-Rente ist gemäss Befürwortern die Unkompliziertheit. So würden im Gegensatz zu den Renten aus den Pensionskassen und der 3. Säule alle Gelder ohne Zwischenschritte direkt an die Bezüger gehen. Der soziale Ausgleich von Gutverdienenden an schlechter Verdienende sei zudem ein weiteres Argument, das für einen Ausbau der AHV-Rente spreche. So beziehen laut SGB zurzeit neun von zehn AHV-Bezügern mehr, als sie in ihrem Arbeitsleben einbezahlt haben.

Wie positionieren sich Bundesrat und Parlament?

Bundesrat und Parlament empfehlen beide die Ablehnung der Vorlage. Sie sehen beide keinen finanziellen Spielraum für eine AHV-Erhöhung.

Wie lauten die Argumente der Gegner?

Das Hauptargument der Initiativgegner ist die allgemein unsichere Lage bei der Finanzierung der AHV. Laut dem Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) ist die Finanzierung der AHV nur noch bis 2030 gesichert. Für 2032 wird jetzt bereits von einem Kostenüberschuss von 4,7 Milliarden Franken ausgegangen. Die Gegner argumentieren deshalb, dass eine zusätzliche Belastung von fünf Milliarden Franken, die eine 13. AHV-Rente ab 2031 zusätzlich kosten würde, nicht finanzierbar sei.

Ein zusätzliches Argument der Gegnerschaft ist die finanzielle Ineffizienz der Initiative. Denn laut den Initiativ-Gegnern sind 85 Prozent der Rentenbezüger nicht auf Mehreinnahmen angewiesen. Die restlichen 15 Prozent werden gemäss den Gegnern zudem bereits ausreichend durch die Ergänzungsleistungen subventioniert.

Wie die Gegner argumentieren, handle es sich bei der 13. AHV-Rente um eine unsoziale Geldausschüttung nach dem Giesskannenprinzip, von welcher die ehemals Gutverdienenden mehr profitieren würden als ehemalige Geringverdienende. Überdies könnten die Mehreinnahmen, die für die AHV generiert werden müssten, zu einer höheren Mehrwertsteuer sowie – wie vom SGB vorgeschlagen – zu höheren AHV-Abgaben führen. Laut Economiesuisse würde dies besonders den Mittelstand belasten.

Ein weiteres zentrales Argument der Gegnerschaft ist die Generationengerechtigkeit. Um die AHV-Renten der Älteren zu bezahlen, müssen junge Personen in Zukunft deutlich mehr ihres Einkommens abgeben, als dies bei früheren Generationen der Fall war. Diesen Effekt würde eine 13. AHV-Rente laut den Initiativ-Gegnern noch einmal verstärken.

Die Mitte sowie die GLP haben beide als Reaktion auf die Initiative eine Motion im Nationalrat eingereicht, welche durch eine Anpassung der Formel zur Berechnung der AHV-Rente die Situation für die Rentenbezüger verbessern will, die auch tatsächlich mehr Geld benötigen. Dabei soll die zusätzliche Belastung für die AHV bei zwei Prozent gedeckelt werden, und die Ergänzungsleistungen sollen dabei – wie bei der Initiative des Gewerkschaftsbundes – ebenfalls nicht tangiert werden.

Die Mitte sieht im Übrigen einen dringenderen Handlungsbedarf bei der Plafonierung der AHV-Renten bei Ehepaaren. Diese erhalten zurzeit gemeinsam nur maximal 44'100 Franken AHV-Rente. Unverheiratete Paare erhalten im Gegensatz dazu zweimal maximal 29'400 Franken oder gemeinsam 58'800 Franken AHV-Rente.

Wer sind Gegner der Initiative?

Mit der SVP, FDP, Mitte, GLP und EVP haben alle bürgerlichen Parteien die Nein-Parole beschlossen. Ausserdem stellen sich der Arbeitgeber- und der Gewerbeverband sowie Economiesuisse gegen die Initiative.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Senioren als Stars
1 / 9
Senioren als Stars
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Ü80-Senioren zum ersten Mal im selbstfahrenden Taxi – ihre Reaktion geht viral
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
144 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Tomoshunto
11.01.2024 22:08registriert April 2019
Kostenpunkt: 5 Milliarden Franken. Hälfte der Bürger brauch diesen Zuschupf garantiert nicht. Daher Giesskannenprinzip und mehrer Milliarden rausgeworfenes Geld. Wer muss es später finanzieren? Die Jungen mit Lohnprozenten und alle mit Mwst.
Besser gezielt Ergänzjngsleistungen ausbauen!
9548
Melden
Zum Kommentar
avatar
AFK
11.01.2024 20:29registriert Juni 2020
Die für mich relevante und entscheidende Frage, wird irgendwie nie beantwortet: wie sieht es in 20 Jahren aus? Wenn es beinahe mehr Rentner als Arbeitnehmer gibt?
5717
Melden
Zum Kommentar
avatar
Helvetiavia Philipp
11.01.2024 22:29registriert Februar 2018
Die wichtigste Frage: wie würde diese Erhöhung der Renten um 8,5%, bei gleichzeitigem Anstieg der Bezüger, finanziert?

Machen wir uns nichts vor. Wer jetzt ja stimmt, legt den Grundstein für eine MWST-Erhöhung in 5 Jahren.
3014
Melden
Zum Kommentar
144
Starkes Signal gegen Antisemitismus: Rabbiner aus Zürich erhält den Karlspreis
Der in Zürich geborene Pinchas Goldschmidt hat am Donnerstag den Karlspreis 2024 erhalten.

Der Präsident der Europäischen Rabbiner-Konferenz, Pinchas Goldschmidt, hat am Donnerstag in Aachen den Internationalen Karlspreis 2024 erhalten. Damit sei das Signal verbunden, «dass jüdisches Leben selbstverständlich zu Europa gehört und in Europa kein Platz für Antisemitismus sein darf», erklärte das Karlspreis-Direktorium.

Zur Story